25. November 2019

Interview mit Peter Kreuz

Dr. Peter Kreuz ist Keynotespeaker bei der PPP2020. Der Business-Querdenker und Spiegel-Bestsellerautor vermittelt Impulse, wie Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten.  In der von ihm initiierten Community „Rebels at Work“ treffen sich Menschen, die unabhängig von ihrer Position verkrustete Strukturen aufbrechen und Führung und Zusammenarbeit neu denken. Im Interview vermittelt er seine Position zu Selbstorganisation und Agilität im Krankenhaus.

Krankenhäuser sind stark hierarchisch organisiert. Warum sollten sie überhaupt über Selbstverantwortung nachdenken?
Kreuz: Selbstverantwortung und das Vorhandensein von Hierarchien schließen sich nicht aus. Ich finde es auch falsch zu sagen, Hierarchien seien nicht mehr zeitgemäß. Hierarchien werden nie verschwinden, aber sie werden zukünftig sehr viel mehr auf dem konkreten Wertbeitrag basieren, den jemand liefert. Wie das künftig aussehen wird, zeigt uns das Internet schon lange. Dort kann jeder eine Führungsrolle erlangen. Entscheidend ist, ob jemand etwas zu sagen hat, einen Wertbeitrag liefert und damit genügend andere Menschen überzeugt. Niemand, der im Web einen herausgehobenen Status besitzt, hat diesen von einer höheren Autorität verliehen bekommen. Immer ist es die breite Basis der Nutzer, die Einfluss verleiht. Und wer einmal einen bestimmten Status hat, kann ihn ganz schnell wieder verlieren. Hierarchien verändern sich ständig. Vererbbare Privilegien oder auch nur für längere Zeit erworbene Machtansprüche gibt es nicht mehr. Allein der Nutzen für alle im Hier und Jetzt zählt. Und genauso wünsche ich mir auch, dass Hierarchien zukünftig in Krankenhäusern funktionieren. Goodbye Halbgott in Weiß!

Was müssen Vorgesetzte im Krankenhaus dann bei der Führung ihrer Mitarbeiter künftig stärker beachten?
Kreuz: Wenn es Ziel ist, nicht nur Mit-Arbeiter, sondern auch Mit-Denker in seinem Krankenhaus oder seiner Fachabteilung zu haben, die gemeinsam an der Zukunftsfähigkeit der Organisation und dem Wohl der Patienten arbeiten, braucht es eine Führung, die Freiraum gewährt und selbstverantwortliches Arbeiten ermöglicht. Und der erste Schritt in diese Richtung ist oft gar nicht schwer, liebe Chefs: einfach mal die Klappe halten und zuhören. Die Leute fragen, was sie sich für sich und ihren Arbeitsplatz wünschen. Oder was man als Chef besser machen kann. Der zweite Schritt ist noch einfacher als der erste: Aufräumen, entrümpeln, mental durchlüften und frischen Wind reinlassen. Alles aus dem Weg räumen, worüber Mitarbeiter sich ärgern und was sie davon abhält, ihre Talente und Stärken zum Wohl ihrer Patienten in ihrem Job einzubringen.

In Ihren Büchern fordern Sie Menschen immer wieder auf, etwas an ihrem Leben zu ändern. In Wirklichkeit verbleiben wir dann doch fast alle in unserem Trott – wie erklären Sie sich das?
Kreuz: Wer der Meinung ist, dass er besser damit fährt, mit dem Finger auf die Umstände zu zeigen, anstatt die Verantwortung für sein Leben zu übernehmen, hat definitiv nicht viel Freude mit unseren Büchern. Die Bereitschaft zur Selbstverantwortung ist also die Voraussetzung, ebenso die Bereitschaft zur kritischen Selbstreflektion und der Wille zur Veränderung. Aber gerade letzteres wagen viele dann doch nicht, weil sie sich vor den möglichen negativen Konsequenzen fürchten. Dabei ignorieren sie das viel größere Risiko: Nichts zu tun. Denn die Gefahr zu scheitern lauert nicht nur im Neuen, sondern auch im Altbewährten. Wer ewig in der vermeintlichen Sicherheitszone verharrt, verliert Antrieb und Mut. Absolute Sicherheit bedeutet Stillstand. Und Stillstand bedeutet Rückschritt. Im Leben, wie im Gesundheitswesen.

Was funktioniert wird meist nicht neu gedacht. Wie kann man Menschen aus diesem Denken herausführen?
Kreuz: Das Bewährte ist per se überhaupt nicht schlecht. Problematisch wird es immer dann, wenn es zum Dogma wird. Verhaltensmuster, die bislang erfolgreich funktioniert haben, dürfen nicht den Status der Unberührbarkeit haben. Die Bereitschaft, Herkömmliches permanent auf den Prüfstand zu stellen, sollte daher zur Selbstverständlichkeit werden. Wir brauchen deshalb in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft viel mehr bunte Hunde, die den Status quo aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten, klug hinterfragen und neue Ideen entwickeln. Vielfalt ist die Grundlage des Lebens. Variantenreichtum, nicht Einheitlichkeit, ist die Grundlage für Erfolg. Bezogen auf Krankenhäuser bedeutet es, dass sie eine Ideendemokratie zulassen müssen, die die offene Diskussion über abweichende Meinungen nicht als machtzersetzend scheut, sondern als zukunftsentscheidend sucht.

 

Über Peter Kreuz
Dr. Peter Kreuz ist Unternehmer, Spiegel-Bestsellerautor und Gründer der Initiative Rebels at Work. Seine Mission ist es, Denkmauern einzureißen und den Horizont zu öffnen für eine neue Art zu leben und zu arbeiten

Peter Kreuz hält die Keynote bei der PPP2020 am 24. April 2020.

www.foerster-kreuz.com

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